Der 2. Advent

Der Weihnachtsmann – Wenn wir aufhören, daran zu glauben

„ Du glaubst wahrscheinlich auch noch an den Weihnachtsmann!“ Wenn uns jemand einen solchen Satz an den Kopf wirft, hält er uns wohl für ziemlich naiv. Schließlich wissen wir spätestens seit dem Zeitpunkt, als wir unsere Eltern heimlich dabei beobachteten, wie sie die Geschenke sorgfältig unter dem Weihnachtsbaum platzierten, dass es den Weihnachtsmann nicht gibt. Oder als uns der Neunmal-schlau aus der vierten Klasse auslachte, weil wir tatsächlich noch den leisen Wunsch in uns hegten, es könnte trotz aller Indizien den Weihnachtsmann eben doch geben. „ Lügen haben kurze Beine“, so sagt es der Volksmund – und in diesem Fall auch eine rundliche Statur, einen weißen Rauschebart und ein rot-weißes Samtgewand.

            Vermutlich wurden wir alle früher oder später in unserer Kindheit dieser Illusion beraubt. Wie auch immer es kam, dass Sie den Glauben an den geliebten (oder gefürchteten?) Gabenbringer aufgeben mussten, es hat wohl eine kleine Wunde hinterlassen. Entweder sind Ihnen, wie bei vielen anderen Kindern dieser Welt, ein paar Tränen geflossen. Oder Sie haben die Enttäuschung weggelacht und steif und fest behauptet, es sei Ihnen ohnehin längst klar gewesen. Mit großer Wahrscheinlichkeit aber hat Weihnachten an diesem Tag für Sie ein wenig von seinem Zauber verloren. Das passiert nämlich immer, wenn sich etwas, woran wir geglaubt oder festgehalten haben, als Täuschung entpuppt – wir werden enttäuscht. Eine Enttäuschung ist eine nicht erfüllte Hoffnung oder Erwartung – so jedenfalls definiert es der Duden. Wir haben die ersten Jahre unseres Lebens erwartet, von einem freundlichen, alten Herrn, der unsere Taten über ein Jahr genauestens ausge-wertet hat, dafür belohnt zu werden, dass wir artig den Teller leer gegessen, die Hausaufgaben gemacht und unser Zimmer aufgeräumt haben. Wir haben zudem vielleicht gefürchtet, das die Liste aller schlechten Tage im goldenen Buch des Weih-nachtsmannes die guten überwiegen könnte, sodass uns die ersehnte Bescherung verwehrt würde. Und wir haben dabei stets gehofft, dass der alte Mann mit all den anderen zu belieferten Kindern ausreichend beschäftigt wäre, dass ihm unsere Ver-fehlungen gar entgangen sind. Ungehorsamere Kinder gibt es doch immer…

            Ja, als Kind fiel es uns leicht, an den Weihnachtsmann zu glauben. Oder an das Christkind. Oder auch an Gott. Die kindliche Zuversicht war groß, unsere Augen brauchten nicht viel, um zu leuchten, und wir waren schnell bereit, unser Vertrauen verschwenderisch in diese Ideen zu investieren. Doch was ist seitdem passiert, als wir noch so leicht ins Staunen und Träumen kamen, bevor es sich letztlich als Falle entpuppte, in die wir aus Naivität tappten? Und weitergedacht, warum fällt es uns als Erwachsene oft so schwer, an jemanden zu glauben, der uns zutiefst kennt und versteht? Der weiß, was unser Herz bewegt, wovor wir uns fürchten und was wir uns wünschen? An jemanden zu glauben, der es gut mit uns meint?

            Vielleicht wurden wir seither zu oft in den verschiedensten Bereichen unseres Lebens enttäuscht. Wir hüten uns davor, unser Vertrauen an eine weitere Illusion zu verschenken – nicht, dass uns noch einmal jemand für naiv hält und wir wieder in die alte Weihnachtsmann-Falle tappen! Auch nicht an Heiligabend, wenn der Gedanke so verlockend scheint, beim Blick auf Gottes Sohn in der Krippe Zuversicht zuzu-lassen. Dass es vielleicht doch jemanden gibt, der einen Plan für unser Leben hat. Dem es nicht egal ist, was mit uns und dieser Welt passiert.

Den Stiefel vor die Tür stellen

Wie lange ist es her, das Sie mit einem ebenso erwartungs- und hoffnungsvollen Herzen wie damals, als Sie Ihre frisch geputzten Turnschuhe (denn Stiefel sind ja wirklich von gestern) vor die Tür stellten, ein Gebet gesprochen haben? Haben Sie es überhaupt jemals versucht? Oder ist die Angst zu groß, damit in die nächste Falle, die „Gott-Falle“ zu tappen?

            Spielen wir es einmal in Gedanken durch. Was wäre das Schlimmste, was Ihnen passieren könnte, wenn Sie es wagen würden, sich noch einmal dem Zauber von Weihnachten hinzugeben? Was würde passieren, wenn Sie „den Stiefel noch einmal vor die Tür stellen“ und heute ein zaghaftes Gebet sprechen würden? Nun, der Stiefel könnte leer bleiben. Sie könnten ein weiteres Mal desillusioniert zurück-bleiben, so wie damals, als Sie alt genug waren zu verstehen, dass Sie, wie die meisten von uns, einer Lüge aufgesessen sind. Aber es kann eben auch das Gegen-teil der Fall sein und auf wundersame Weise erscheint vor Ihnen ein mit Geschenken randvoll gefüllter Stiefel (oder eben Turnschuh) – die Art von Geschenken, die Ihnen auch der ambitionierteste Weihnachtsmann der Welt nicht in den Stiefel hätte stecken können. Oder unter den Baum. Geschenke, die nur darauf warten, von Ihnen angenommen und ausgepackt zu werden. Trauen Sie sich, Ihre Tür wenigstens einen Spaltbreit zu öffnen und mit hoffnungsvollem Herzen einen Blick auf den Stiefel zu wagen! Nehmen wir an, Sie würden es wagen, sich noch einmal auf den Glauben an eine höhere Instanz, eine Autorität außerhalb Ihrer selbst, einen Gott, einzu-lassen. Einen Gott, der es gut mit Ihnen meint und gute Absichten mit Ihnen und Ihrem Leben hat. Einen Gott, der Ihnen zeigt, wie Ihr Leben gelingen kann. Wie würde sich Ihn Leben verändern?

            Die Schreiber der Bibel behaupteten, dass wir glücklich werden und es uns wohlergeht, wenn wir ihm vertrauen und unsere Hoffnung auf ihn setzen und uns auf ihn verlassen. Wir finden diese Versprechen zum Beispiel in Psalm 32,2: „ Glücklich ist der, dem der Herr die Sünden nicht anrechnet und der ein vorbildliches Leben führt!“ Wir kennen keinen Menschen, der auf sein Leben zurückblickend je bereut hätte, ein guter Mensch gewesen zu sein oder sein Leben im Bewusstsein einer ihn liebenden höheren Instanz und der Verantwortung ihr gegenüber gelebt zu haben. Ja, dieses Prinzip würde sogar dann noch funktionieren, wenn sich Gott nie genauso zeigen würde, das Sie aus vollem Herzen an ihn glauben können – es gibt daher nichts zu verlieren, wenn Sie das Wagnis des Glaubens erneut eingehen! Zugegeben, es ist eine Herausforderung, sich noch einmal zu trauen, einen Stiefel oder eben die Turnschuhe vor die Tür zu stellen, aber es lohnt sich!

Eine Einladung zum Gebet

Gott hört unsere Gebete. Alle. Wie David (einer der Schreiber des Alten Testaments der Bibel) wusste, dass Gott sein Rufen hören und ihm antworten würde. Wie er z.B. in Psalm sagt: „Der Herr wir mir antworten, wenn ich zu ihm rufe.“ So können auch Sie gewiss sein und darauf vertrauen, dass Gott Ihre Gebete hört und antwortet: „Wenn ihr dann zu mir rufen werdet, will ich euch antworten; wenn ihr zu mir betet, will ich euch erhören. Wenn ihr mich sucht, werdet ihr mich finden; ja, wenn ihr ernsthaft, mit ganzem Herzen nach mir verlangt, werde ich mich von euch finden lassen“ (Jeremia 29,12-14a).

            Der Begriff „anrufen“ ist vielleicht gar kein schlechtes Bild für Gebet. Es ist, als würden wie unser Smartphone in die Hand nehmen und unseren besten Freund oder die beste Freundin anrufen und ihm oder ihr unser Herz ausschütten. So können auch Sie mit Gott ganz offen darüber reden, was Ihnen auf dem Herzen liegt. Halten Sie dabei nichts zurück. Und das Gute dabei ist, es wird niemals die Verbindung abbrechen, weil der Empfang zu schlecht, der Akku leer oder die SIM-Karte abge-laufen ist. Es kostet nicht einmal etwas – außer Überwindung. Vielleicht wurde Ihr Vertrauen in der Vergangenheit von Menschen verspielt und es fällt Ihnen heute schwer, Ihre Zweifel über Bord zu werfen. Gott kennt Ihre Gedanken und sie halten ihn nicht davon ab, heute erneut seine Hand nach Ihnen auszustrecken. Wir können gar nicht verlieren, wenn wir beten – aber wir können unendlich viel gewinnen!

            Manchen helfen vorformulierte Gebet, andere genießen die Vorstellung, frei mit Gott zu sprechen, als säße er einem genau gegenüber. Gott wird Sie schon verstehen. Wenn es Ihnen schwerfällt, Ihre Gedanken in Worte zu fassen, kann das folgende kurze Gebet vielleicht helfen (in Anlehnung an das berühmte Vaterunser aus dem Kapitel 12):

Himmlischer Vater,

ich möchte sich über alles in meinem Leben stellen –

unserer Welt soll sich verändern nach deinen Vorstellungen.

Nicht das Recht des Stärkeren soll gelten,

sondern Liebe und Mitgefühl.

Versorge uns bitte mit allem, was wir zum Leben brauchen.

Bitte verzeih mir meine falschen Entscheidungen

Und Handlungen.

Ich möchte auch den Menschen verzeihen,

die mich falsch behandelt haben.

Und bitte hilf mir, den richtigen und wichtigen Dingen

In meinem Leben Priorität zu geben.

Hilf mir, falsche Angewohnheiten abzulegen.

Du hast die Kraft, dies alles in meinem Leben zu bewirken.

Amen.