Ehre Gott mit deinen Opfern gern und reichlich, und gib deine Erstlingsgaben, ohne zu geizen.
Es ist Herbst. Kürbisse, Äpfel und Kartoffeln haben Erntesaison. Ich denke an festlich geschmückte Kirchen zum Erntedankfest, an Feiern und große Beteiligung von jung und alt. Diese Gedanken gehen mir durch den Kopf, wenn ich zu dieser Jahreszeit den Monatsspruch lese. „Erstlingsgaben“ sind unsere Äpfel und Kürbisse natürlich nicht mehr. Dieser Begriff passt eher zum Frühjahr, denn er bezieht sich auf die ersten Früchte, die es im Jahr zu ernten und zu essen gibt.
Nun ist uns heute die Praxis des Opferns im Tempel fremd geworden. Und doch, auch heute ist es fast allgemein verständlich, „ein Opfer zu bringen“.
Das wird für alles mögliche getan. Auch heute, gerade heute. Wir können Lebensträume für eine Vorstellung von Sicherheit opfern oder unsere Sicherheit, die manchmal gar keine ist, für die Verwirklichung von Träumen.
Immer wieder opfern Menschen ihre Gesundheit. Das tut natürlich keiner gerne.
Andere verzichten um der Gesundheit willen auf etwas. Hier liegt denn auch eine erste Erkenntnis aus den Worten des Weisheitslehrers: Ehre Gott mit deinen Opfern, mit der Betonung auf „Gott“. Diese Ausrichtung ist quasi der Prüfstein für das, was wir tun oder lassen, worauf wir verzichten oder was wir ganz bewusst tun.
Nun ist Gott selber nicht darauf angewiesen, dass wir ihm etwas opfern würden – er selbst muss nicht von den Erntegaben leben, die wir in die Kirche bringen. Das wussten schon die Propheten des Alten Bundes. Jesus führt diesen Einspruch weiter. Nicht Opfer will ich, sondern Barmherzigkeit, sagt er, und beruft sich dabei auf den Propheten Joel.
Doch Jesus stellt diese Verbindung auf andere Weise her: „Was ihr meinen geringsten Brüdern getan habt, das habt ihr mir getan“, sagt er.
Wir ehren Gott, indem wir unsere Mitmenschen in den Blick nehmen. So auch bei uns, wo die Gaben des Erntedankfestes auch in diesem Jahr der Tafel in Zwickau zugute kommen. Wir bezeugen einen Gott, der Begegnungen stiftet. In diesem Falle begegnen Menschen, die abgeben können denen, die bedürftig sind. Eine kleine Begegnung ist das, und doch auch ein kleines Wunder.
„Gerne“ sollen wir unsere Opfer bringen. Das ist so eine Sache hin. Man kann anordnen, etwas zu tun, aber nicht, etwas „gerne“ zu tun, schon gar nicht, „gerne und reichlich“ zu geben.
Nicht einmal Gott kann das anordnen. Und das ist gut so.
Hier lässt sich nichts erzwingen oder anordnen, aber doch vieles entdecken. Das ist jene unglaubliche Erfahrung, dass Teilen reich machen kann, und zwar beide Seiten, den Gebenden und den Empfangenden. Dann kann sich auf dem Weg dieser Entdeckung tatsächlich eine Haltung entwickeln, die gerne gibt und die Lust auf mehr macht.
Dann ergibt sich das „reichlich“ von ganz alleine. Das Hier kommt es vor allem auf den ersten Schritt an, der diese Erfahrung überhaupt erst möglich macht. Doch das ist auf dem Weg des Glaubens ganz häufig so.
Vertrauen , denn das ist der Glaube, kann dort entstehen, wo Menschen diese ersten Schritte gehen, wie Petrus auf dem Wasser.
Den ganzen Reichtum der Güte Gottes gibt es auf diese Weise zu entdecken, so reich, so vielfältig, wie die Erntedankgaben in der Kirche.
In diesem Sinne grüßt Sie
Pfr. Lars Schimpke