Dennoch bleibe ich stets an dir, denn du hältst mich bei meiner rechten Hand; du leitest mich nach deinem Rat und nimmst mich am Ende mit Ehren an.
„…doch wenn ich auf das Ende seh…“
Sicher fällt jedem bei diesen Worten Wilhelm Busch ein. Und was hat er alles gezeichnet!
Anders: warum hat er es gezeichnet? Als geschulter Pädagoge schüttelt man wissend den Kopf – und doch hat es seinen Reiz! Eigentümlich, die Geschichten von Max und Moritz kennt man eben! Wilhelm Busch, übrigens ein Mann, der eigentlich still und zurückgezogen manchmal doch aus der Isolation herausgetreten ist und Gottesdienste gehalten hat, erklärte: „Nur was wir glauben, wissen wir gewiss“.
Mag man an seinen pädagogischen Fähigkeiten noch so sehr zweifeln, er wollte nicht vom Ende reden, sondern den Anfang gestalten…
Und ich finde mich darin wieder, dass ich manchmal frage: wird es dir auch nicht leid tun, wenn du jetzt dies und das tust?
Wie oft frag ich am Ende eines Tages: War es richtig, war es falsch? – und wie oft ärgere ich mich auch darüber im Wissen, etwas versäumt oder falsch gemacht zu haben…
Und dennoch gefällt mir die Drohung mit dem Ende nicht! Ich möchte nicht aus der Angst vor dem Bösen gut sein; ich möchte nicht aus Furcht vor dem Gericht Gottes an ihn glauben. Nicht die Abschreckung finde ich in der Bibel. Und Menschen, die das Böse aus Furcht vor Strafe nicht tun, sind dennoch keine besseren Menschen!
Die Bibel, übrigens schon das Alte Testament, lockt mit dem Guten. Und auch hier geht es eigentlich noch lang nicht um das Ende, sondern um ein ganz anderes Leben, um ein befreites und glückliches, weil das Ende gut ist! Wenn ich weiß, dass morgen ein Tag ist, an dem ich behütet sein werde, wird mein Tag heut ganz anders frei und glücklich sein, selbst wenn dieser Tag heut schwer ist!
Ja, es gibt ähnlich klingende Bibelworte:
„Lehre mich bedenken, dass … mein Leben ein Ziel hat und ich davon muss…! – Was für ein hartes Wort!
Kann man so an den gütigen und liebenden Gott glauben?: Nach einem Streit war ich mit dem Auto unterwegs, und fast hätte mir einer die Vorfahrt geschnitten – ich stand da:
Nein, da war nicht der Zorn auf den andern. Da war das Erschrecken über mich selbst:
Wenn das jetzt das Letzte gewesen wäre, und du würdest so vor Gott stehen…, und die andern würden dich so in Erinnerung behalten… Ich denke, das war ein heilsames Erschrecken:
Mir fiel dabei eine bittere und schwere Beerdigung ein: Und eine Frau kondolierte der Witwe mit den Worten: „Alle guten Männer sterben, meiner stirbt nicht!“.
Ich jedenfalls bin zurückgefahren und hab den Streit aus der Welt geschafft. Das hat uns so gut getan! Und einer unsrer Söhne erklärt: „Jetzt darf ich wieder lachen?!“ Das hat mich getroffen – wo Gott uns doch das Lachen geschenkt hat!
Seitdem denk ich manchmal an das heilsame Erschrecken – und wo ich daran denke, denk ich eigentlich nicht an den Friedhof und nicht ans Sterben, sondern gerade ans Leben, an meine Frau, an meine Kinder, an meine Gemeinde… und ich muss lächeln:
Nein, ich wünsche keinem, dass ihm „einer an den Karren fährt“. Aber ich wünsche uns schon, dass wir die Zeit, die Gott uns schenkt, so leben, dass sie zur Freude wird! Weil wir wissen:
Unsere Botschaft ist das Leben und nicht das Zittern vor dem Ende. Unsere Botschaft ist, dass der Blick aufs Heil uns zur Heilung dient, hier schon. …dass wir eines Tages sagen können: Es hat uns gut getan, wir haben ganz anders gelebt, befreit und dankbar – weil wir wissen: wir bleiben in Gottes guter Hand – hier und dort.
Ja, und Amen! Ihr Pfarrer Hecker