Neulich fiel mir beim Suchen in meiner Schreibtischschublade ein Foto in die Hand. Darauf sieht man eine Freundin und mich auf einem ungewöhnlichen Fortbewegungsmittel…
Aber ich will von vorn beginnen: Es war vor zwei Jahren an einem herrlich strahlenden Tag im Mai. Ich fuhr mit einer Freundin mit dem Zug nach Johannstadt, um von dort aus durch den Wald nach Horni Blatná zu wandern. Kaum waren wir im Wald angekommen, sahen wir auch schon die Bescherung. Die Tage zuvor hatte es geregnet. Der Weg versank im tiefen Schlamm. Mein erster Impuls war: Umkehren. Doch nun waren wir soweit gefahren und da war Umkehren keine gute Option. Also kämpften wir uns tapfer die ersten Meter durch den Schlamm. Leute kamen uns entgegen. Sie zeigten auf ihre ehemals weißen Turnschuhe und meinten: „Da gibt es kein Durchkommen. Das wird nur noch schlimmer.“ Ich dachte schon wieder ans Umdrehen.
Manchmal gibt es so Situationen im Leben, da weiß ich nicht, wie es weitergehen soll. Da sehe ich einfach keinen Weg. Vielen wird dies gerade in der jetzigen Zeit bekannt vorkommen. Manche versinken gerade förmlich im Schlamm. Das, was vor einem Jahr noch ganz selbstverständlich war, hat sich von einem Tag zum anderen aufgelöst: Der Handschlag, offene Läden und Gaststätten, die Möglichkeit jederzeit die Angehörigen im Pflegeheim zu besuchen, die Schulpflicht, das Gefühl der Sicherheit,…. Der feste Boden unter den Füßen ist schlammig geworden. Schlammig und rutschig. Wie wird es weiter gehen?
Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, wie unsere Wanderung damals weiter gegangen ist:
Wir kamen an eine Wegkreuzung, an der ein Bagger Baumstämme übereinander stapelte. Der freundliche Baggerfahrer, ein Tscheche, zeigte uns den Weg. Der Weg war leider noch schlammiger. Aber wir hofften, dass es besser werden würde. Es wurde nicht besser. Wir liefen trotzdem weiter. Auf einmal hörten wir den Bagger näher kommen, bald war er dicht hinter uns. Der Baggerfahrer deutete auf die Schaufel. Meine Freundin meinte zu mir: „Du, ich glaube wir können uns da drauf setzen.“
So nahmen wir in der Baggerschaufel Platz und wurden durch den tiefen Schlamm bis zu einer schönen Lichtung gefahren. Von dort aus konnten wir mühe- und schlammlos weiter wandern.
Für mich war dies ein ganz besonderes Erlebnis. Zum einen, weil ich noch nie zuvor in einer Baggerschaufel gefahren bin. Zum anderen, weil es mir Mut macht auf Psalm 37 zu vertrauen (auch jetzt im Coronaschlamm). Dort heißt es:
Befiehl dem HERRN deine Wege und hoffe auf ihn, er wird’s wohlmachen.
Psalm 37,5
Oder in den Worten von Fritz Woike ausgedrückt:
Wo Menschenwege enden, fängt Gottes Weg erst an, der alle Wege wenden und Welten lenken kann. Wo Menschenmacht entschwindet, erst Gottes Macht beginnt, der seine Kraft entbindet, wo unsre Kraft zerrinnt.
Fritz Woike