„Wenn Beziehungen zerbrechen“ – Gedanken zur Allianzgebetswoche (11.01.16)

Der jüngere von ihnen sprach zu dem Vater: Gib mir, Vater, das Erbteil, das mir zusteht. Und er teilte Hab und Gut unter sie.

Lukas 15,12

Das Erbe verteilen, so lange es dem Senior noch gut geht – das ist doch vernünftig, mögen wir sagen. Ja, wenn es freiwillig geschieht! Wenn es aber von den Erben gefordert wird, sträubt sich auch unser Gefühl. Das ist unverschämt.

Im Orient ist es sogar eine Unmöglichkeit! Geerbt wird erst nach dem Tod des Vaters. Das heißt also: Für den Sohn ist der Vater schon so gut wie tot! Respekt, gar Liebe für den Vater – alles gleichgültig. Ich will alles- und zwar jetzt! Ich will nicht warten, bis „der Alte abkratzt“. Es geht im Tiefsten nicht um das ihm zustehende Erbe, sondern um zerbrochenes Vertrauen, verlorene Liebe. Die Forderung des Sohnes ruft laut: Du bist mir egal, ich will meinen Anteil. Jetzt! Ich will sein wie du, aber ohne Verbindung zu dir, ohne Bindung an dich!

Jesus will kein Familiendrama erzählen. Es geht ihm um das Verhältnis menschlicher Töchter und Söhne zum himmlischen Vater. Deshalb ist der Sündenfall in 1. Mose 1 ein Schlüssel zum Verstehen: Nachdem Adam und Eva sein wollten wie Gott, mussten sie sich vor ihm verstecken. Das „paradiesische“ Vertrauen ist seitdem zerbrochen. Die Beziehung ist nachhaltig gestört, und zwar für alle Nachkommen bis heute.

Was mag in dem Vater vorgegangen sein? Jesus erzählt es nicht. Seine Gefühler erahnen wir erst später, bei der überraschenden Rückkehr seines Sohnes. Kränkung und Zorn waren es wohl nicht so sehr. Sondern vielmehr tiefe Traurigkeit über die erwiderte oder nicht verstandene Liebe, über die zerbrochene Vertrauensbeziehung zwischen Vater und Sohn.

Können wir uns vorstellen, wie es dem göttlichen Vater heute geht, wenn ein menschlicher Sohn, eine Tochter sich so lossagt von ihm? Es ist ihm nicht gleichgültig, er sitzt nicht „cool“ auf seinem Thron, sondern es zerreißt ihm fast das Herz. Ähnlich hat Jesus reagiert, als er die verlorenen und verirrten Menschen sah (Matthäus 9,36). Manchmal wäre es gut, wenn wir „älteren“ Söhne und Töchter uns von dieser Liebe Gottes zu seinen verlorenen Kindern anstecken ließen. (EiNS- Das Magazin zur Allianzgebetswoche, Text: Axel Nehlsen)