Von der Rolle (2. Woche)

Und des Herrn Wort geschah zu mir: Ich kannte dich, ehe ich dich im Mutterleib bereitete, und sonderte dich aus, ehe du von der Mutter geboren wurdest, und bestellte dich zum Propheten für die Völker. Ich aber sprach: Ach, Herr HERR, ich tauge nicht zu predigen; denn ich bin zu jung. Der HERR sprach aber zu mir: Sage nicht: „Ich bin zu jung“, sondern du sollst gehen, wohin ich dich sende, und predigen alles, was ich dir gebietet. Fürchte dich nicht vor Ihnen; denn ich bin bei dir und will dich erretten, spricht der Herr.

Jeremia 1, 4-8

Von der Rolle… oh, ich glaube, die meisten von Euch kennen solche Momente. Egal ob Kinder oder Erwachsene: das Alter spielt bei „aus der Rolle fallen“ kein große Rolle. Die Situationen sind wohl nur andere.

Kinder sind von der Rolle und aufgeregt vor ihren Geburtstagen, vor Weihnachten, vor dem Schulanfang. Später im Jugendalter sind sie oft von der Rolle und nicht immer ist es gleich klar, warum. Mein Ausbildungs- oder Studiumsplatz wird mir genehmigt, ich bekomme ein tolles Angebot, kann mich ausprobieren und Neues wagen. Man ist quasi von der Rolle. Aber auch Erwachsene kennen das: Familiengründung, plötzlich wird man Eltern, im Beruf bekommt man eine neue und aufregende Aufgabe.

Bei Jeremia,aus seinem Buch der Bibel lesen wir den Text für diese 2. Fastenwoche, ist ebenfalls von der Rolle. Er wird von Gott angesprochen und soll vor dem Volk Israel predigen. Er, Jeremia! Man geht davon aus, dass er zum Zeitpunkt seiner Berufung etwa 20 Jahre alt war.

Mit 20 Jahren soll er Gottes Volk den Weg weisen zu Gott und ihnen von Gott erzählen. Mit 20! Nun,da fallen einem sofort einige Sätze ein: Er ist doch viel zu jung. Ihm fehlt doch jegliche Erfahrung! Welche Verantwortung bürdet man ihm denn da auf. Gibt es keine Älteren, die das übernehmen können? Und Jeremia sieht das ja sogar selber. Auch er spricht mit Gott und möchte gerne diese Aufgabe abgeben. Ich glaube, Jeremia ist richtig von der Rolle, aber ehrlich gesagt,auch gefühlt noch nichts für diese Rolle.

Puuhhh, wie hätten wir denn reagiert? Denken wir einmal weiter, stellen wir uns die Situation für uns einmal vor. Wären wir mit 20 Jahren nicht auch überfordert gewesen? Berufserfahrung fehlt dabei definitiv. Und scheinen die Fußstapfen nicht auch riesig groß? Und wie würden wir uns fühlen, wenn wir heute das Volk wären? Da stellt sich ein 20jähriger junger Mann vor uns hin und will uns die Welt und besser noch, unser Leben erklären. Natürlich!

Ich kann mich gut in Jeremia hinein versetzen. Wie oft muss man sich erstmals beweisen. Vor 5 Jahren habe ich das erste Mal eine Weiterbildung gegeben, als Lehrer. Ich sollte „meinem Kurs“ etwas über rückenfreundliches Arbeiten erklären. An für sich meine tägliche Arbeit. Allerdings war der Großteil der Teilnehmer schon mindestens 15-20 Jahre älter und ich sah die Skepsis in den Augen der Teilnehmer:was und wie will sie UNS denn unsere Arbeit erklären? Wer, wenn nicht wir, wissen wie es geht. Ich fühlte mich ehrlich gesagt, sichtlich unwohl in meiner Haut. Ich wurde unsicher und zweifelte plötzlich an meiner Fähigkeit. In mir kam das Gefühl auf, ich „verliere“ den Kurs, die glauben mir sowieso nichts. Zu gerne wäre ich einfach gegangen. Ich war von der Rolle und gefühlt auch nicht für diese Rolle geschaffen.

Der Kurs ging vorüber, ich war vollkommen fertig. Die meisten Teilnehmer verließen den Kurs freundlich grüßend, ein paar wenige kamen am Ende zu mir und bedankten sich für die wertvollen Tipps und guten Hinweise. Ich war echt platt. Hatte ich tatsächlich etwas rüber bringen können? Gut gelaunt und äußerst motiviert fuhr ich nach Hause.

Was hat aber jetzt den Unterschied gemacht? Zum einen habe ich während des Kurses zu Gott gebetet, er möge mir Ruhe schenken, die richtigen Worte finden lassen und das der Kurs schnell vorbei ist (ehrlich!). Zu zweiten merkte ich danach, dass ich verunsichert wurde von den Teilnehmern. Ich besann mich darauf, dass ich das gelernt habe und vorbereitet war. Zum dritten waren am Ende die einzelnen Teilnehmer, die auf mich zukamen, genau die Bestätigung.

Ich bin nicht sofort in jeder Rolle angekommen. Ein Klassensprecher einer Schulklasse macht nicht alles richtig, als Berufsanfänger besitze ich noch nicht so viel Berufserfahrung, bei Wechsel meines Arbeitsplatzes habe ich eine neue Umgebung um mich herum, als frisch gebackene Eltern verstehe ich mein Kind manchmal nicht. Nicht jede Rolle passt uns gleich und ich glaube, vor den meisten würden wir gerne Informationen einholen oder uns gar drücken. Da gibt es bestimmt qualifiziertere Menschen als mich. Aber Gott sieht das große Ganze und sieht unser Potenzial. Er schaut uns nicht problemorientiert an, sondern ressourenorientiert. Er sieht, was in uns steckt. Und gibt uns Situationen, Chancen und Momente, dies auszuprobieren. Würden wir es uns denn alleine getrauen?

Der Gedanke der Woche geht diesmal in 2 Richtunge: wo hänge ich in einer Rolle fest, dir ich eigentlich gar nicht will. Und wo lege ich Menschen in Rollen fest, ohne zu wissen, ob das so passt? Betet doch diese Woche konkret dafür, dass Gott euch neue Rollen zeigt bzw aufzeigt,was ihr tun sollt. Und bittet darum, gnädig mit anderen zu sein. Jeder von uns fing einmal an.

Eine spannende Woche wünscht Franziska

(Liedempfehlung der Woche: Man sagt, er war ein Gammler von Andreas Malessa, zu finden auf YouTube.)