Sonntag Exaudi liegt zwischen Himmelfahrt und Pfingsten. Er befindet sich in einem merkwürdigen Schwebezustand zwischen „nicht mehr“ und „noch nicht“. Jesu Freunde mussten sich von Jesus verabschieden, weil er zu seinem Vater zurückgekehrt ist. Nun ist er nicht mehr so da wie zuvor. Doch der versprochene Heilige Geist, der ihnen als Tröster und Wegweiser versprochen wurde, ist noch nicht da. Das war für die Menschen damals ein schwieriger Zustand: zwischen Trauer und Hoffnung, zwischen Abschied und Neubeginn. Und genau in dieser Spannung steht der Sonntag Exaudi.
Dieses Jahr geht mir das Gefühl dieses Sonntags besonders nah: dieses Gefühl von „nicht mehr und noch nicht.“
Unser Leben das gesellschaftliche, das kirchliche, das private ist nicht mehr das selbe. Nun sind zwar die Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen weitgehend aufgehoben. Aber das versprochene Fest der Lebensfreude lässt auf sich warten. Es ist noch nicht einmal daran zu denken. Zwischen diesem nicht mehr und noch nicht liegt die Gegenwart. Und die ist manchmal schwer zu ertragen. Es fehlt die Perspektive auf Besserung. Es fehlt ein Datum, auf das ich hinleben kann. Bei dem ich weiß, da ist endlich alles vorbei ist. Da können wir wieder ohne Mundschutz miteinander reden und ohne Sicherheitsabstand einander begegnen. Da kann ich wieder Menschen besuchen, ohne mich zu fürchten, sie eventuell anzustecken. Da können wir uns wieder angstfrei und vorbehaltlos zu Veranstaltungen treffen. Doch nun müssen wir zunächst den Schwebezustand aushalten: die Spannung zwischen nicht mehr und noch nicht.
Und doch gibt es auch hier viele Hoffnungsmomente. Zahlreiche Menschen bringen ihre Gaben und Möglichkeiten ein, um anderen die Zeit zu erleichtern oder um ihnen Freude zu bereiten. Da sind die jungen Leute, die sich bereit erklärt haben für ältere und gefährdete Menschen einzukaufen. (Dieses Angebot darf auch immer noch sehr gern in Anspruch genommen werden.) Da ist die Frau, die jeden Tag ihre Nachbarin anruft oder die, die anderen ermutigende Zeilen schreibt. Da gibt es einen Gemeindekreis, der sich nicht treffen kann und deshalb verabredet hat, einmal pro Woche aneinander zu denken und füreinander zu beten. Dankbar bin ich auch für viele liebe Anrufe und Rückmeldungen auf unsere verteilten Andachten. Nur einige Beispiele habe ich jetzt aufgezählt. Ich könnte noch viele mehr nennen. Ich habe mich über alle sehr gefreut und viele andere auch. Denn durch sie wird Gottes Liebe erfahrbar – selbst im „Schwebezustand.“
Bleiben Sie in diesem Sinne behütet, bewahrt und gesegnet!